WISSENSCHAFTLICHE ERKLÄRUNGEN

In den letzten Zahren ist eine Reihe von Publikationen zur klinischen Bedeutung des IgG-Nachweises bei Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten in renommierten medizinischen Fachjournalen erschienen.

IgG-Problematik bei Nahrungsmitteln

Das lymphatische System gilt als das spezifische Immunsystem des Körpers. Bis zu 80% aller immunkompetenten Zellen sind im Verdauungstrakt lokalisiert. Immunglobuline des Typs "Gamma" (IgG) sind Antikörper, die als Marker für einen stattgefundenen Kontakt mit der körpereigenen Abwehr bewertet werden.

Erhöhte IgG-Werte beweisen von sich aus keine Unverträglichkeiten und erlauben keine automatische Diagnose, sondern geben einen sehr deutlichen Hinweis in diese Richtung. Für die Diagnose werden auch noch klinische Symptome verlangt, sowie eine Besserung durch einen längeren Auslassversuch. Als beweisend gilt ein neuerliches Auftreten der Symptome bei neuerlicher Exposition.

Anders als bei der Sofortreaktion der IgE-vermittelten Typ-I-Allergie sind die IgG-vermittelten Reaktionen zeitlich verzögert - bis 72 Stunden. Vom Typ her sind sie nicht so akut und nicht lebensbedrohlich. Sie werden daher meist nicht so deutlich bemerkt.

Der Cytolisa-Test ist KEIN ALLERGIETEST, sondern dient uns als verlässlicher Anzeiger für bestimmte Arten von Nahrungsmitteltoleranzen - vermutlich infolge von Darmläsionen. Sehr oft sind diese durch falsche Ernährungsgewohnheiten verursacht.

Es handelt sich hierbei um keine Erkrankung des Immunsystems. Das Problem der Patienten ist nicht der erhöhte IgG-Wert, sondern seine Beschwerden. Wenn gleichzeitig Probleme im Darmbereich vorliegen, müssen wir davon ausgehen, dass die Integrität und Permeabilität der intestinalen Schleimhaut aus verschiedenen Gründen gestört sein dürfte. Das bedeutet weiters, dass es zu verstärktem Übertritt von unvollständig verdauter Nahrung durch die jetzt defekte Mukosabarriere kommen kann, und damit zu einem Kontakt dieser Nahrungsmittelbestandteile mit den immunkompetenten Zellen der Submukosa, konkret zu einer Aktivierung der T-Lymphozyten. Wir finden dann lokale Entzündungsvorgänge mit allen klinischen Zeichen, eine weitere Verschlechterung der Epithel-Mikroläsionen und Erhöhung der pathologischen Durchlässigkeit. Im Blut sind Sauerstoffradikale, TNF-alpha und Zytokine als Zeichen entzündlicher Abwehrvorgänge vermehrt. Die erhöhten Nahrungsmittel-IgGs sind in den meisten Fällen Folge einer Darm- und Verdauungsüberforderung.

Die meisten vom Darm resorbierten Antigene lösen keine Immunantwort aus, also werden auch keine Antikörper gebildet. Diese Immuntoleranz ist nicht selbstverständlich, sondern eine hoch komplizierte aktive Leistung, die in einem irritierten Darm nicht zu erwarten ist.

Therapeutisch erscheint es logisch und sehr sinnvoll (wenn nicht sogar zwingend), den Circulus vitiosus der Immunreaktion auf durchtretende großmolekulare Antigene durch entsprechende Nahrungsmittelkarenz zu durchbrechen. Das Entscheidende ist aber sicherlich, diesen Zeitraum für eine Darmsanierung zu nützen, so dass die Integrität der Mukosa wiederhergestellt wird.

Dadurch wird auch die enzymatische Verdauungskompetenz der Enterozyten verbessert, so dass es weniger leicht zu lokalen Entzündungen kommen kann. Dadurch wird es meist wieder möglich, die vorher unverträglichen Nahrungsmittel besser oder völlig zu verdauen, wodurch die durch die Enterozyten geschleusten niedermolekularen Aminosäureketten usw. nicht mehr zu Immunreaktionen führen, solange die Schleimhaut wieder intakt ist. In der Folge sehen wir auch, wie die Höhe der spezifischen IgG zumindest zum Teil wieder zurückgeht: Spezifische IgGs haben eine durchschnittliche Halbwertszeit von ca. 8 Wochen, der Memory-Effekt der Gedächtniszellen hält jedoch wesentlich länger an und klingt oft erst nach über einem Jahr ab - in manchen Fällen auch gar nicht.

Das Ziel der Maßnahmen ist ein möglichst gut funktionierender Verdauungstrakt, der die zugeführte Nahrung möglichst gut aufschließen und verwerten kann. Die Zahl der unverträglichen Nahrungsmittel geht dann in aller Regel auch deutlich zurück, und die Symptomatik (die etwa auch dermatologische Probleme mit einschließen kann) wird in sehr vielen Fällen deutlich abnehmen.

Kurze immunologische Abhandlung zur möglichen Bedeutung von Serum-IgG-Spiegeln gegen Nahrungsmittel-Antigene

Die mukösen Grenzflächen des Verdauungstraktes zeichnen sich immunologisch durch eine subtile Balance zwischen aktiver Toleranz gegenüber Bestandteilen der Nahrung sowie der endosymbiotischen Mikroflora und spezifischer Immunität gegenüber Pathogenen aus. Der überwiegende Teil der antigen-spezifischen Immunität wird hierbei durch sekretorische Antikörper des IgA-Typs vermittelt, wohingegen der Anteil von Antikörpern des IgG-Typs vergleichsweise gering ist. Diese finden sich vor allem in den an die Epithelien angrenzenden Schichten, wie der Lamina propria und den sekundären lymphatischen Organen des Verdauungstraktes. Antikörper des IgG-Typs dienen primär der Markierung und raschen Beseitigung von Antigenstrukturen durch professionelle Phagocyten, die mit einer Aktivierung sekundärer, entzündlicher Abwehrreaktionen wie die Freisetzung von Sauerstoff-Radikalen und entündungsauslösenden Cytokinen einhergeht.

Unter normalen physiologischen Bedingungen mit intakter Barriere-Funktion der mukösen Epithelien kommt es praktisch nicht zur Ausbildung relevanter Mengen von Immunkomplexen zwischen Antigenstrukturen aus dem Verdauungstrakt und Antikörpern des IgG-Typs. Pathologisch bedingte Erhöhungen der Durchlässigkeit und Mikroläsionen der Epithelien können jedoch zu einer dauerhaft erhöhten Ausbildung derartiger Immunkomplexe um die Epithelien führen. Dies zieht einerseits eine weitere Stimulation der Immunantwort gegenüber den jeweiligen Antigenen und somit eine weitere Erhöhung der Antikörperspiegel nach sich, andererseits führt die Provokation der Phagocyten durch diese Immunkomplexe zur Freisetzung Gewebs-schädigender Radikale und zur Auslösung entzündlicher Prozesse, wodurch wiederum eine Heilung von Epithel-Läsionen hintangehalten wird.

Dies führt längerfristig zur Etablierung chronischer, durch Nahrungsmittel-Antigene provozierter lokaler Entzündungsvorgänge. Abgesehen von einer mehr oder minder starken Beeinträchtigung des Gesamtbefindens durch entzündliche Prozesse, ist in diesem Zusammenhang auch auf das hohe cancerogene Potential chronischer Entzündungsprozesse hinzuweisen. Somit erscheint eine Erfassung von IgG-abhängigen Immunreaktionen gegenüber Nahrungsmittel-Antigenen und deren Reduktion durch eine gezielte Vermeidungsstrategie nicht nur von unmittelbarem Wert für das Wohlbefinden der betreffenden Patienten sondern auch von prophylaktischer Bedeutung für die Vermeidung neoplastischer Erkrankungen des Verdauungstraktes.

 
 
Webmaster: dr.sepp.fegerl@speed.at